Beginn und Ende der Arbeitszeit im Homeoffice versus Arbeitszeitbetrug? Basis- FQS
Der seit dem 22. November 2021 und aktuell bis zum 31. März 2022 geltende § 28 b Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes regelt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, Beschäftigten, welche Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten ausüben, anzubieten, diese Tätigkeit im Homeoffice zu erledigen. Dessen ungeachtet vereinbaren viele Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern eine Tätigkeit im Home Office. Daraus ergeben sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Fragen zum Thema was gilt im Home Office bzgl. der Arbeitszeit, wann liegt ein Arbeitszeitbetrug vor etc.
Generell ist zu beachten, dass sich die Rechtslage während der Corona-Pandemie immer mal wieder ändert. Nachstehend ein paar Basis- Infos rund um das Thema Arbeitszeit im Homeoffice.
Das Arbeitszeitgesetz gilt auch für eine Tätigkeit im Homeoffice
Das Arbeitszeitgesetz, welches auch im Home Office gilt, regelt:
- Die Dauer der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Die Höchstarbeitszeit pro Arbeitstag beträgt acht Stunden und pro Arbeitswoche 48 Stunden. Sie darf nur dann auf zehn Stunden pro Arbeitstag erweitert werden, wennsich diese Differenz bezogen auf einen Zeitraum von sechs Monaten auf durchschnittlich acht Stunden pro Arbeitstag einpendelt.
- Dass Pausenzeiten einzuhalten sind (ab sechs Stunden Arbeitszeit ist eine Pause von 30 Minuten zu gewähren).
- Dass zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitsbeginn eine Ruhezeit von 11 Stunden einzuhalten ist.
Wann beginnt und wann endet die tägliche Arbeitszeit gelten im Homeoffice?
Grundsätzlich gilt: Im Home Office gelten hinsichtlich der Arbeitszeit die gleichen Regeln wie im Büro. Das heißt, für den Arbeitnehmer gilt die Arbeitszeit, die im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt ist, z. B. 7.5 Stunden pro Arbeitstag, Beginn 8 h, Ende 16h (30 Minuten Pause eingerechnet).
Wenn der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer den Beginn und das Ender der täglichen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag vereinbart, so ist dies vom Arbeitnehmer einzuhalten. Damit einhergehend muss der Arbeitnehmer während dieser Zeiten arbeiten. Er darf außerhalb dieser Zeiten nicht erreichbar sein.
Soll dem Arbeitnehmer Flexibilität gewährt werden, so können der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit nicht geregelt werden. Die kann entweder durch eine sogenannte flexible Arbeitszeitgestaltung erfolgen oder durch eine Vertrauensarbeitszeit. Flexible Arbeitszeitmodelle sind z.B. Gleitzeit oder eine Jahresarbeitszeit anstelle einer fixen wöchentlichen/täglichen Arbeitszeit. Der Arbeitgeber muss das aber mit dem Arbeitnehmer vereinbaren! Was eine Vertrauensarbeitszeit ist, ist gesetzlich nicht definiert/geregelt. Bei einer Vertrauensarbeitszeit gestattet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, selbst zu entscheiden, wann er die vertraglich geschuldete Arbeitszeit ableistet. D.h., der Arbeitnehmer, der z.B. täglich 7,5 Stunden arbeiten muss kann selbst entscheiden, ob der diese z.B. zwischen 7h morgens und 15h nachmittags (eine halbe Stunde Pause eingerechnet) erbringt oder zwischen 16h nachmittags und 24 Uhr (ebenfalls eine halbe Stunde Pause eingerechnet). Eine Pflicht zur ständigen Erreichbarkeit besteht hier nicht. Allerdings ist zu empfehlen, dass sich der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber zwecks Klarheit „an- und abmeldet“.
Ruhepausen zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitsbeginn
Bittet der Chef abends um 22h um Beantwortung einer Email, so ist das bei der 11- stündigen Ruhezeit, die entsprechend § 5 des Arbeitszeitgesetzes zwischen dem Arbeitsende und dem erneuten Arbeitsbeginn liegen muss, zu berücksichtigen. D. h., der Arbeitnehmer muss dann am nächsten Arbeitstag erst um 9:00 Uhr die Arbeit beginnen. Allerdings wird in der Literatur vertreten, dass es hierbei auf die sogenannte Geringfügigkeitsgrenze ankommt. D. h., dauert das Beantworten der Email z.B. nur 3 Minuten, dürfte dies keine Unterbrechung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Ruhezeit darstellen
Die Lieblingsserie anschauen, mit den Kindern Hausaufgaben erledigen–Arbeitszeitbetrug?
Grundsätzlich gilt: Während der Arbeitszeit ist zu arbeiten, was im Office erlaubt ist ist auch im Home Office erlaubt und umgekehrt. Ist vereinbart, dass täglich 7,5 Stunden zu arbeiten ist, so wird das vom Arbeitnehmer geschuldet. Mit den Kindern die Hausaufgaben zu erledigen oder aber die Lieblingsserie anzuschauen, gehört sicherlich nicht zur Arbeitszeit. Sich hingegen z.B. kurz einen Kaffee zu kochen dürfte, genauso wie im „richtigen Büro“ erlaubt sein. Entscheidend ist, dass das Kaffee kochen genauso viel Zeit in Anspruch nimmt, wie im Büro und man dann nicht eben mal auch noch endlich mal wieder die Küche putzt. Das ist natürlich etwas übertrieben dargestellt. Anders ausgedrückt: normales, kurzes z. B. Kaffeekochen ist kein Arbeitszeitbetrug, das die Lieblingsserie gucken und Hausaufgaben mit den Kindern erledigen als Arbeitszeit zu deklarieren stellt hingegen grundsätzlich einen Arbeitszeitbetrug dar.
Arbeitszeitbetrug – welche Konsequenzen drohen?
Gibt man das die Lieblingsserie gucken dennoch gegenüber dem Arbeitgeber als Arbeitszeit an, ist dies grundsätzlich ein Arbeitszeitbetrug, d.h. eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis im schlimmsten Falle dann sogar ohne eine vorherige Abmahnung fristlos kündigen. Allerdings muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitszeitbetrug (also das die Lieblingsserie während der Arbeitszeit gucken) nachweisen, nur dann ist eine solche Kündigung auch wirksam. Gerade der Nachweis bzw. die Kontrolle der Arbeitszeit ist für Arbeitgeber, deren Arbeitnehmer im Home Office tätig sind, oft schwierig. Dies insbesondere bei flexiblen Arbeitszeitmodellen oder einer Vertrauensarbeitszeit.
Kontrolle und Dokumentation der Arbeitszeit
Aktuell gibt es keine gesetzliche Pflicht, wonach die tägliche Arbeitszeit vom Arbeitgeber dokumentiert werden muss. Das entsprechende Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019 wurde bisher nicht in nationales Recht umgesetzt.
Allerdings regelt § 16 des Arbeitszeitgesetzes, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen. Anders ausgedrückt: der Arbeitgeber ist verpflichtet, Überstunden zu dokumentieren. Diese Dokumentationspflicht kann er aber an den Arbeitnehmer delegieren. Insofern gilt also auch hinsichtlich der Überstunden im Homeoffice das gleiche wie im Office.
Die Arbeitszeit kann mittels elektronischem System, einer App aber auch mittels handschriftlicher Aufzeichnungen in Papierform dokumentiert und damit einhergehend vom Arbeitgeber kontrolliert werden.
Exkurs: Arbeitsschutzgesetze im Homeoffice
Ganz grob umrissen geltend die Arbeitsschutzgesetze grundsätzlich auch im Home Office, dies allerdings letztlich eingeschränkt; denn die Einhaltung und Überwachung der Arbeitsschutzgesetze ist für den Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer im Home Office arbeitet, natürlich schwierig. Daher muss er dem Arbeitnehmer lediglich eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung anbieten und auch nur eine sogenannte Erstbeurteilung des Arbeitsplatzes durchführen, wenn der Arbeitnehmer dies wünscht. Im Rahmen einer solchen Erstbeurteilung muss der Arbeitgeber dann auf Gefahren und Sicherheitsrisiken, die vom Arbeitsplatz im Home Office ausgehen, hinweisen.
Da der Arbeitgeber die Wohnung ohne die vorherige Zustimmung des Arbeitnehmers nicht betreten darf und viele Arbeitnehmer auf einen Besuch des Chefs sicherlich auch nicht sehr erpicht sind, dürfte dies alles meines Erachtens letztlich relativ wenig praktische Relevanz haben.
Fazit
Die Tätigkeit im Homeoffice ist für viele Arbeitnehmer attraktiv, insbesondere wenn sie flexible Arbeitszeiten ermöglicht und lange Anfahrtswege erspart. Für Arbeitgeber hingegen erfordert eine Tätigkeit des Arbeitnehmers im Homeoffice oftmals ein hohes Maß an Vertrauen in den Arbeitnehmer.
Im Hinblick auf die Arbeitszeit ist Arbeitgebern zu empfehlen, mit dem Arbeitnehmer konkret zu regeln, ob der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit zu bestimmten Zeiten erfolgen muss, ob flexible Arbeitszeitmodelle gelten oder gar eine Vertrauensarbeitszeit. Weiterhin ist zu empfehlen, dem Arbeitnehmer vorzugeben, ob und wie er die tägliche Arbeitszeit zu dokumentieren hat. Dies kann z. B. in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag erfolgen.
Arbeitnehmern ist zu empfehlen, nachzulesen, ob und welche Regelungen der Arbeitsvertrag hinsichtlich der im Homeoffice geltenden Verteilung der Arbeitszeit (also Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit) enthält. Gerade im Hinblick darauf, dass man im Homeoffice nicht ständig erreichbar sein möchte, schafft ein Blick in den Arbeitsvertrag oder eine Nachfrage beim Arbeitgeber oft Klarheit. Und: Nicht jede Tätigkeit, die während der Arbeitszeit erfolgt (z.B. ein kurzer, dringender Anruf bei einem Familienmitglied) ist gleich ein Arbeitszeitbetrug. Im Homeoffice geleistete Überstunden sind genauso zu vergüten wie im Office geleistete Überstunden.
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