Dank und gute Wünsche im Zeugnis
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat ein für Arbeitnehmer sehr positives Urteil gefällt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 12. Januar 2021, 3 Sa 800/20). Hiernach besteht für den Arbeitnehmer ein Rechtsanspruch darauf, dass im Beendigungszeugnis eine sogenannte Dankes- und gute Wünsche Formel aufgenommen wird. Dies gilt jedenfalls bei Arbeitszeugnissen, in denen das Verhalten das Arbeitnehmers als einwandfrei und seine Leistungen als leicht überdurchschnittlich beurteilt werden. Ein Rechtsanspruch darauf, dass der Arbeitgeber im Zeugnis über den Weggang des Arbeitnehmers sein Bedauern zum Ausdruck bringt, besteht jedoch nach wie vor nicht.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf weicht damit von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab, wonach selbst in Zeugnissen mit der Leistungsbeurteilung gut kein Rechtsanspruch auf eine Dankes-, Bedauern- und Grußformel besteht (BAG, Urteil vom 11.12.2012. 9 AZR 227/11). Ob das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung ändern wird, bleibt abzuwarten. Die Revision ist unter dem Az. 9 AZR 146/21 beim Bundesarbeitsgericht rechtshängig, der Termin zur mdl. Verhandlung ist auf Ende Januar 2022 anberaumt.
Immerhin eröffnet das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf Arbeitnehmern derzeit Argumentationsspielraum, dass im (leicht überdurchschnittlichen )Arbeitszeugnis wenn schon nicht das Bedauern über den Weggang des Arbeitnehmers so jedoch der Dank und die guten Wünsche des Arbeitgebers aufgenommen werden.
Was ist ein leicht überdurchschnittliches Arbeitszeugnis
In dem der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zugrunde liegenden Fall lautete die sogenannte zusammenfassende Leistungsbeurteilung wie folgt:
„Zusammenfassend bestätigen wir Herrn K., dass er die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigte“.
Die Formulierung „zu unserer vollen Zufriedenheit“ werde, so die Richter, dem Gesamtnotenbereich „befriedigend“ wenn nicht sogar einer leicht überdurchschnittlichen Zwischennote (“ gutes befriedigend“) zugeordnet. Die Richter stellten hierbei zudem auf den Gesamtkontext der textlichen Beurteilungen im Zeugnis ab, welche ebenfalls durchschnittliche bis überdurchschnittliche Einzelbewertungen beinhalteten. Das einleitende Wort „zusammenfassend“ stelle, so die Richter, keine Einschränkung dieser Beurteilung dar. Denn – so die Richter – dies erschließe gerade dem eiligen Leser auf den ersten Blick, wie die Gesamtleistung des Arbeitnehmers zu bewerten sei.
Zum Vergleich: Die Gesamtnote „gut“ wird z.B. durch die Formulierung „Herr .. hat die ihm Übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erbracht“ zum Ausdruck gebracht. Ein Zeugnis mit einer Solchen zusammenfassende Leistungsbeurteilung ist ebenfalls überdurchschnittlich.
Kein Anspruch auf Bescheinigung des Bedauerns
Mit der Begründung, das Gericht folge der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, verneinten die Richter den Anspruch des Arbeitnehmersauf Bescheinigung des Bedauerns des Arbeitgebers über den Weggang des Arbeitnehmers im Zeugnis. Der Zeugnisanspruch sei vom Arbeitgeber auch ohne zum Ausdruck bringen des Bedauerns erfüllt.
Anspruch auf Dank und gute Wünsche
Den Anspruch auf eine Schlussformel, welche den Dank des Arbeitgebers für die geleistete Arbeit des Arbeitnehmers sowie die guten Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck bringt, bejahten die Richter hingegen.
Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass sich der Anspruch aus der Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) ergebe. Ein Arbeitszeugnis, welches in einem Bereich wie der Schlussformulierung eine Lücke enthält würde dem Arbeitnehmer die Vorteile, die er ansonsten durch die guten Leistungsbeurteilungen im Zeugnis habe, teilweise wieder entziehen. Dies gehe nicht konform mit der Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers.
Weiterhin begründete das Gericht seine Entscheidung u.a. durch den Verweis auf statistische Erhebungen, wonach-salopp ausgedrückt-fast alle guten Zeugnisse eine Dankes- und Wünsche -Formel enthalten. Dem kundigen Leser eines solchen Zeugnisses werden sich, so die Richter, entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts negative Rückschlüsse geradezu aufdrängen müssen und werden, wenn ein Zeugnis keine Dankes- und gute Wünsche- Formel enthält. Dies insbesondere dann, wenn die Leistungs- und Führungsbeurteilung im Arbeitszeugnis einer durchschnittlichen oder sogar überdurchschnittlichen Leistung des Arbeitnehmers entspreche, so die Richter.
Fazit
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist – jedenfalls aus Arbeitnehmersicht -sehr zu begrüßen. Rein praktisch betrachtet nutzen Arbeitgeber das Weglassen der Schlussformel, d. h. der sog. Dankes-, Bedauern und Grußformel oftmals, um -salopp ausgedrückt – „nachzutreten“ und auch ihre Verärgerung über die Beendigung /die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck zu bringen. Die Ausführungen im Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, wonach sich einem kundigen Leser des Zeugnisses negative Rückschlüsse geradezu aufdrängen, wenn der Dank und die guten Wünsche fehlen, erachte ich persönlich als sehr realistisch und praxisnah. Sehr zu begrüßen ist es des Weiteren, dass die Richter durch die erfolgte Revisionszulassung die nochmalige Überprüfung der Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht anregten (was den fehlenden Anspruch auf eine Dankes- und Wünscheformel) angeht. Hierbei ist nochmals zu betonen, dass das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zwar den Anspruch auf das zum Ausdruck bringen des Bedauerns im Zeugnis nicht zugesprochen hat, sodass Arbeitgeber nach wie vor bzw. auch unter Berücksichtigung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf die Möglichkeit haben, lediglich den Dank und die guten Wünsche im Zeugnis zum Ausdruck zu bringen. Selbst dies dürfte meiner Auffassung nach dem kundigen Zeugnisleser gewisse negative Rückschlüsse geradezu aufdrängen; denn anderenfalls hätte der Arbeitgeber kein Problem mit einer vollständigen Dankes-, Bedauern- und Grußformel. Nichtsdestotrotz ist es sehr zu begrüßen, dass die Richter wenigstens dem Arbeitnehmer den Rechtsanspruch auf den Dank und die guten Wünsche im Zeugnis zusprachen. Arbeitnehmer sollten dennoch wachsam sein, wenn sie im Hinblick auf das Beendigungszeugnis mit dem Arbeitgeber Vereinbarungen treffen (z.B. in Aufhebungs-, Abwicklungsverträgen und in Vergleichen, die im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens geschlossen werden). Ratsam sind Regelungen, wonach der Arbeitgeber die Dankes-, Bedauern- und Wünscheformel im Endzeugnis schuldet.
Ob Arbeitgeber sich hiergegen wehren können, indem sie zukünftig Arbeitszeugnisse erteilen, die keine (leicht) überdurchschnittliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers attestieren? Arbeitgeber haben verschiedene Möglichkeiten:
Sie könnten die Leistung des Arbeitnehmers mit der Note „ausreichend“ („zu unserer Zufriedenheit“) beurteilen. Erteilt ein Arbeitgeber eine schlechtere Gesamtnote als die Note „befriedigend“, muss er jedoch im Streitfall darlegen und beweisen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers eine solche Beurteilung rechtfertigen.
Wenn Arbeitgeber ein überdurchschnittliches oder gar ein Zeugnis mit der Note gut erteilen gilt folgendes: Solange das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 11.12.2012. 9 AZR 227/11) noch nicht geändert hat, können sich Arbeitgeber auf diese Rechtsprechung berufen und die Aufnahme der Dankes-, Bedauern- und Wünsche – Formel verweigern.
Weiterhin können Arbeitgeber mit Arbeitnehmern in Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen oder auch in einem im Rahmen einer Kündigungsschutzklage geschlossenen gerichtlichen Vergleich Regelungen zum Zeugnis treffen. Vereinbart werden kann z.B., dass im Beendigungszeugnis keine Dankes-, Bedauern- und Wünscheformel enthalten sein muss.
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