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Homeoffice: Anspruch oder Pflicht für Arbeitnehmer?

Können oder müssen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer „ins Homeoffice schicken“? Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Tätigkeit im Homeoffice oder sind sie hierzu sogar verpflichtet?
Regelungen im Arbeitsvertrag, die Art der Tätigkeit sowie der seit dem 22. November 2021 geltende § 28 b Absatz 4 des Infektionsschutzgesetzes sind von Relevanz. Arbeitgeber sind nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, eine Homeoffice-Erlaubnis aus betrieblichen Gründen zu widerrufen.

Im Einzelnen:

Homeoffice – Regelung im Arbeitsvertrag

Regelungen zur Homeoffice-Tätigkeit können im Arbeitsvertrag erfolgen. Arbeitgebern ist anzuraten, auch zu regeln, unter welchen Voraussetzungen die Homeofficetätigkeit beendet werden kann.

Weiterhin können Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag (einvernehmlich) vereinbaren, dass die Tätigkeit im Homeoffice auszuüben ist.

Keine Homeoffice-Regelung im Arbeitsvertrag

Manche Tätigkeiten lassen sich nicht im Homeoffice ausüben (z.B. Tätigkeit in der Pflege, Bearbeitung des Posteingangs).

Arbeitgeber können im Rahmen des ihnen zustehenden Weisungsrechtes unter den Voraussetzungen des § 109 GewO (Weisung/Erlaubnis muss billigem Ermessen entsprechen) Arbeitnehmern die Weisung/ Erlaubnis erteilen, die Tätigkeit im Homeoffice auszuüben.

Lässt sich die Tätigkeit im Homeoffice ausüben, besteht aktuell, d.h. seit dem 22. November 2021 für Arbeitgeber die Pflicht, bestimmten Arbeitnehmern eine Tätigkeit im Homeoffice anzubieten (§ 28 b Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes).

Homeoffice-Pflicht gemäß § 28 b Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes

§ 28 b Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes regelt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind Beschäftigten, welche Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten ausüben, anzubieten, diese Tätigkeit im Homeoffice zu erledigen. Diese sich aus dem Infektionsschutzgesetz ergebende Pflicht besteht für Arbeitgeber ab dem 22. November 2021 und ist zeitlich begrenzt bis zum 31. März 2022. Das Infektionsschutzgesetz sieht aber vor, dass die Zeitspanne einmalig um drei Monate verlängert werden darf (§ 28 b Abs. 7 des Infektionsschutzgesetzes).

Angebot des Arbeitgebers
Die o.g. Verpflichtung bedeutet, dass Arbeitgebern den Beschäftigten/Arbeitnehmern ein Homeoffice-Angebot unterbreiten müssen, es sei denn, der Homeoffice Tätigkeit stehen zwingende betriebliche Gründe entgegen. Zwingende betriebliche Gründe können in der Art der Tätigkeit liegen, weil die Betriebsabläufe durch eine Tätigkeit im Homeoffice erheblich eingeschränkt wurden.  Beispiel: Bearbeitung des Posteingangs. Notwendige organisatorische Veränderungen oder ein fehlendes technisches Equipment sind keine entgegenstehenden zwingenden betrieblichen Gründe.

Annahme des Homeoffice- Angebots seitens der Arbeitnehmer
Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen. Ausnahme: es stehen ihrerseits Gründe entgegen. Bsp: die Wohnung ist für eine Homeofficetätigkeit zu klein mit der Folge, dass der Arbeitnehmer dort nicht ordnungsgemäß/ungestört arbeiten kann.

Beendigung und Widerruf der Homeoffice- Erlaubnis durch Arbeitgeber möglich?

Hier ist meines Erachtens wie folgt zu differenzieren:

Keine Regelung im Arbeitsvertrag und der Arbeitgeber ist gemäß § 28 b Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit im Homeoffice anzubieten: Für die Beendigung/den Widerruf der Homeoffice- Tätigkeit kommt es nur darauf an, ob diesem Angebot zwingende betriebliche Gründe des Arbeitgebers oder Gründe des Arbeitnehmers entgegenstehen, siehe oben. Ob sich Arbeitgeber auch dann auf zwingende entgegenstehende betriebliche Gründe berufen können, wenn sich später herausstellt, dass der Arbeitnehmer im Homeoffice die Arbeit nicht ordnungsgemäß ausübt oder gegen Datenschutzvorschriften verstößt bleibt abzuwarten, ist jedoch m.E. denkbar.

Tätigkeit im Homeoffice gem. Weisungsrecht des Arbeitgebers:
Besteht für den Arbeitgeber keine Pflicht dem Arbeitnehmer eine Homeofficetätigkeit gem. § 28 b Abs.4 des Infektionsschutzgesetzes anzubieten kann er die Homeoffice-Tätigkeit im Rahmen seines Direktionsrechten anweisen. In solchen Fällen gilt folgendes: ein Widerruf der Homeoffice- Tätigkeit ist rechtens und wirksam, wenn dies billigem Ermessen entspricht. Das Landesarbeitsgericht München hat hierzu am 26. August 2021, Az. 3 SaGa13/21 ein Urteil erlassen. Hiernach mussten im Rahmen des billigen Ermessens die wechselseitigen Interessen des Arbeitgebers und Arbeitnehmers nach allgemeinen Wertgrundsätzen, ferner unter anderem der Verkehrssitte und Zumutbarkeit sowie der Lebensverhältnisse gegeneinander abgewogen werden. Im dort zu entscheidenden Fall entsprach die technische Ausstattung des Arbeitnehmers nicht dem Büro Standard, ferner konnte ein Zugriff der eine Konkurrenztätigkeit ausübenden Ehefrau auf die auf dem Computer gespeicherten Daten nicht ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmer konnte sich daher nicht darauf berufen, der Homeoffice-Weisung des Arbeitgebers stehe eine Gefahr für seine körperliche Unversehrtheit (Weg zur Arbeit, allgemeines Infektionsrisiko) entgegen. Der Arbeitgeber konnte die Homeoffice-Erlaubnis wirksam widerrufen.

Arbeitsvertragliche Vereinbarungen zur Homeofficetätigkeit:
Diese können und sollten regeln, unter welchen Voraussetzungen die Homeofficetätigkeit durch den Arbeitgeber einseitig beendet werden kann. Aber Arbeitgeber aufgepasst: Nicht jede Regelung ist wirksam und ein Widerruf der Homeofficetätigkeit muss billigem Ermessen entsprechen.


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