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Lohnabrechnung erteilt = Ausschlussfrist „ungültig“

Hier kurze „Best Practice -Tipps“ für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:

Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorbehaltlos eine Vergütungsabrechnung (=Lohnabrechnung), so stellt er außer Streit, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Vergütung hat, welche die Lohnabrechnung ausweist (vgl. u.a. BAG, Urteil vom 3. Mai 2023, 5 AZR 288/22). Er erkennt mit dem Übersenden der Lohnabrechnung quasi an, dass er diese Vergütung an den Arbeitnehmer bezahlen muss.

Anerkenntnis – Ausschlussfristen ausgehebelt

Was sind die sich hieraus ergebenden Konsequenzen? Selbst wenn in einem Tarif- oder Arbeitsvertrag sogenannte Ausschlussfristen geregelt sind, „gelten“ diese in einem solchen Falle nicht. Der Schutzzweck der Ausschlussfristen sei erfüllt, wenn Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis unstreitig („anerkannt“) seien, so das Bundesarbeitsgericht. Was sind Ausschlussfristen? Verkürzt dargestellt: Ausschlussfristen (im Tarif- oder Arbeitsvertrag) regeln, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis binnen drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden müssen, andernfalls verfallen sie.

Dies bedeutet im Klartext folgendes: Hat der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Lohnabrechnung vorbehaltlos erhalten, muss er seine Lohnforderung nicht binnen der im Arbeits -oder Tarifvertrag geregelten 3-monatigen Ausschlussfristen gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Der Arbeitnehmer kann die in der Vergütungsabrechnung ausgewiesene Vergütung vielmehr innerhalb der dreijährigen gesetzlichen Verjährungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Dies gilt zumindest für die sogenannte erste Stufe der Ausschlussfristen. Ob darüber hinaus dennoch die zweite Stufe der Ausschlussfristen (gerichtliche Geltendmachung) zu beachten ist, war in dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall rechtlich ohne Belang.

Fazit:

Arbeitgebern ist dringend anzuraten, Arbeitnehmern nur dann eine Lohnabrechnung vorbehaltlos zu erteilen, wenn der Auszahlung der in der Lohnabrechnung ausgewiesen Vergütung „nichts entgegensteht“ (Beispiel: Arbeitnehmer blieb der Arbeit unentschuldigt fern und hat daher keinen Vergütungsanspruch).

Arbeitnehmern ist in einem solchen Falle anzuraten, sich nicht von den tarif- oder arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen abschrecken zu lassen, sondern die Vergütung beim Arbeitgeber umgehend geltend zu machen/einzuklagen.


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