Inflationsausgleichsprämie- Anspruch trotz Ende Arbeitsverhältnis?
Das Arbeitsgericht Essen hat im Urteil vom 12. Oktober 2023, Az 1 Ca 1371/23 entschieden, dass eine Inflationsausgleichsprämie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen zurückgefordert werden kann.
Die Eckdaten des Falles (verkürzt dargestellt):
Arbeitnehmer kündigte zum 31. Dezember 2022 (Eigenkündigung).
Wann ein Anspruch auf Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie besteht, regelte der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung. Die Betriebsvereinbarung des Arbeitgebers sah vor(verkürzt dargestellt), dass am Stichtag des 31. Dezember 2022 ein nicht beendetes, ungekündigtes und aktives Arbeitsverhältnis bestehen muss. Nur dann bestand für die Arbeitnehmer ein Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie.
Der Arbeitgeber zahlte die Inflationsausgleichsprämie an den Arbeitnehmer trotz dessen Eigenkündigung aus und forderte sie sodann zurück. Das Arbeitsgericht Essen gab der Klage des Arbeitgebers auf Rückzahlung der Inflationsausgleichsprämie statt.
Inflationsausgleichsprämie=Freiwillige mitbestimmungspflichtige Sozialleistung
In einer Betriebsvereinbarung dürfen Vereinbarungen über freiwillige, mitbestimmungspflichtige Sozialleistungen, d.h. Inflationsausgleichsprämien, getroffen werden, so nicht ein Tarifvertrag vorrangige Regelungen hierzu trifft. Ob die Regelung in der Betriebsvereinbarung „rechtens“ ist, wird am Maßstab der Grundsätze von Recht und Billigkeit getroffen, was bedeutet, dass keine „strenge sog. AGB – Kontrolle“ (wie etwa bei Arbeitsverträgen) erfolgt. Der Arbeitgeber muss somit u.a. den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten, wenn er regelt, unter welchen Voraussetzungen die Inflationsausgleichsprämie auszuzahlen ist. Der Arbeitgeber darf damit einhergehen Gruppen bilden, die er von der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie ausnimmt – hier: Kein Auszahlungsanspruch für Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis am 31. Dezember 2022 (Stichtag) nicht bzw. nicht ungekündigt besteht.
Belohnung von Betriebstreue zulässig
Auch die Koppelung der Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie an die Betriebstreue des Arbeitnehmers (bestehendes, ungekündigtes Arbeitsverhältnis am Stichtag 31. Dezember 2022) sei rechtens, so das Arbeitsgericht Essen. Es stehe dem Arbeitgeber frei, die Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie sowohl mit der Abmilderung der Belastung mit gesteigerten Verbraucherpreisen als auch mit weitergehenden Zwecken (Betriebstreue, d.h. am 31. Dezember 2022 bestehendes, ungekündigtes Arbeitsverhältnis) zu verbinden.
Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers aus § 812 BGB
Da das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers aufgrund dessen Eigenkündigung am 31. Dezember 2022 (Stichtag) nicht ungekündigt bestand, hatte der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die Inflationsausgleichsprämie. Er hatte sie vom Arbeitgeber rechtsgrundlos ausgezahlt erhalten und musste sie daher an den Arbeitgeber zurückzahlen.
Fazit
Arbeitgebern ist anzuraten, die Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie an genau bestimmte Voraussetzungen zu koppeln. Dies kann im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung erfolgten (so nicht Regelungen im Tarifvertrag existieren). Allerdings muss hierbei, wenn dies im Arbeitsvertrag und nicht in einer Betriebsvereinbarung erfolgt, immer die strenge sog. AGB-Kontrolle berücksichtigt werden. Grundsätzlich kann die Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie auch an Betriebstreue gekoppelt werden.
Arbeitnehmern ist anzuraten, die Regelungen zur Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie genau zu lesen, bevor z.B. eine Eigenkündigung erklärt wird.
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