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Kündigung vor Dienstantritt

  • Arbeitsvertrag unterschrieben und danach ein ungutes Gefühl?
  • Arbeitsvertrag unterschrieben und doch noch einen besseren Mitarbeiter oder einen besseren Arbeitgeber gefunden?

Insbesondere wenn der Arbeitsvertrag lange Zeit vor dem vorgesehenen Arbeitsbeginn unterzeichnet wird, stellt sich sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber manchmal die Frage, ob die Möglichkeit besteht, sich vor Arbeitsbeginn wieder davon zu lösen gelöst werden kann. Einvernehmlich, d. h. wenn beide Parteien sich darüber einig sind, ist dies unproblematisch möglich (Vertragsfreiheit).

Doch welche Möglichkeiten gibt es, wenn eine Partei nicht bereit ist, das Arbeitsverhältnis vor Arbeitsbeginn zu kündigen? Ich habe ein paar Basistipps für Sie zusammengestellt, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitsverhältnis gekündigt werden kann, bevor die Arbeit aufgenommen wurde (also vor Dienstantritt).

Regelungen im Arbeitsvertrag

Entscheidend ist zunächst, ob hierzu etwas im Arbeitsvertrag geregelt wurde. Wurde zum Beispiel im Arbeitsvertrag vereinbart, dass lediglich eine Partei berechtigt ist, das Arbeitsverhältnis vor Dienstantritt zu kündigen, so ist diese Vereinbarung unwirksam.

Wenn im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, dass die Kündigung vor Dienstantritt/vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen ist, so kann das Arbeitsverhältnis nicht vor Dienstantritt gekündigt werden. Es ist dem Arbeitgeber oder auch dem Arbeitnehmer zwar unbenommen, die Kündigungserklärung bereits vor Dienstantritt zuzustellen. Die ordentliche Kündigungsfrist wird aber vor Dienstantritt nicht in Lauf gebracht, hierzu siehe noch untenstehende Ausführungen.

Ausgeschlossen ist eine Kündigung vor Dienstantritt zudem dann, wenn sich der Ausschluss der Kündigung aus den Umständen zweifelsfrei ergibt. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer die berechtigte Erwartung hatte, dass er das Arbeitsverhältnis in jedem Fall zunächst beginnen kann. Klassische Beispiele sind hierfür, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vom früheren Arbeitgeber „abgeworben“ hat oder ihm eine Dauerstellung versprochen hat.

Außerordentliche Kündigung vor Dienstantritt

Eine außerordentliche Kündigung vor Dienstantritt ist grundsätzlich immer zulässig. Anders ausgedrückt: wenn die Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart haben, dass eine außerordentliche Kündigung vor Dienstantritt nicht möglich ist, so ist diese Vereinbarung unwirksam und man kann dennoch außerordentlich kündigen.

Wann setzt der Lauf der Kündigungsfrist ein?

Normalerweise setzt der Lauf der Kündigungsfrist ein, sobald die Kündigung zugegangen ist (übergeben wurde/zugestellt wurde). Bei einer Kündigung vor Dienstantritt können aber Besonderheiten gelten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es auch hier entscheidend darauf an, welche Vereinbarungen die Parteien dazu im Arbeitsvertrag getroffen haben. Leider steht das im Arbeitsvertrag oftmals gar nicht so klar geschrieben, so dass das im Wege der sogenannten Vertragsauslegung oder ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln ist.

Ein Anhaltspunkt dafür, was die Parteien wirklich wollten, ist zum Beispiel die Länge der vereinbarten Kündigungsfrist. Wurde beispielsweise eine lange, d. h. sechsmonatige Kündigungsfrist vereinbart, kann das dafürsprechen, dass der Lauf der Kündigungsfrist erst mit Arbeitsbeginn einsetzen soll.

Hintergrund ist, dass mit einer langen Kündigungsfrist zum Ausdruck gebracht werden soll, dass beide Parteien ein Interesse an einer längeren Vertragsbindung haben. Dies bedeutet, dass die Kündigungserklärung dann zwar schon vor Arbeitsbeginn zugestellt/übergeben werden kann. Die Kündigungsfrist läuft aber dann erst ab Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Wurde im Arbeitsvertrag eine Probezeit vereinbart, spricht das gegen das Interesse der Parteien an einer längeren Vertragsbindung mit der Folge, dass die ordentliche Kündigungsfrist bereits vor Dienstantritt und mit Zugang der Kündigung in Lauf gebracht werden kann. Gleiches gilt, wenn die gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbart wurden. In solchen Fällen kann der Arbeitsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit dem Ziel gekündigt werden, dass er bereits am Tag vor Dienstantritt endet.

Enthält der Arbeitsvertrag keinerlei Anhaltspunkte, ob sich die Trucks Parteien kurz oder eher länger binden wollten, war im Zweifel keine Mindestbeschäftigung gewollt mit der Folge, dass auch hier die Kündigungsfrist grundsätzlich bereits mit Zugang der Kündigungserklärung in Lauf gebracht werden kann.

Fazit

Möchte eine der Parteien das Arbeitsverhältnis bereits vor Dienstantritt ordentlich kündigen, ist anhand des Arbeitsvertrages zu beurteilen, ob dies möglich ist und wenn ja, wann die Kündigungsfrist in Lauf gebracht werden kann. Im Zweifel kommt es auf die Einzelfallumstände an.

Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann die rechtlichen Möglichkeiten zumeist schnell beurteilen. Eine außerordentliche Kündigung vor Dienstantritt ist unabhängig von den Regelungen im Arbeitsvertrag zulässig.


Rechtsanwältin Dr. Reichert-Hafemeister ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und ausschließlich auf die Bearbeitung von Arbeitsrechtsangelegenheiten spezialisiert. Sie können sie gerne unter 030 679 665 434 oder über das Kontaktformular kontaktieren, um einen Beratungstermin in ihrem Büro in Berlin-Lichterfelde-West (nahe S-Bahnhof Lichterfelde West) zu vereinbaren.