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Verzicht auf Urlaubsabgeltung im Aufhebungsvertrag möglich

Arbeitnehmer aufgepasst: In einem Aufhebungsvertrag kann man, genauso wie in einem im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens geschlossenen gerichtlichen Vergleich, auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs wirksam verzichten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Ansprüche bereits entstanden sind und das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, das heißt der Verzicht quasi nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt wird. Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 19. Februar 2016 entschieden (Az: 8 Sa 1923/15).

Die Vereinbarung eines Verzichts auf den Urlaubsabgeltungsanspruch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist hingegen grundsätzlich unwirksam.

Beim Aushandeln/Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist daher Vorsicht geboten!

Der Ausgangsfall: Verzichtserklärung im Aufhebungsvertrag

Die Parteien hatten Mitte Oktober 2014 einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Darin haben sie sich darauf geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis bereits zuvor, d. h. mit Ablauf des 30. September 2014 geendet hat. Die Klägerin (Arbeitnehmerin) erhielt eine Abfindung. Zudem haben die Parteien im Aufhebungsvertrag vereinbart, dass mit der Zahlung der Abfindung sämtliche der Arbeitnehmerin (Klägerin) noch zustehende Urlaubsansprüche und Überstunden, gleich aus welchem Rechtsgrund, abgegolten sind.

Im November 2014 bereute die Klägerin den Verzicht auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs. Sie berief sich im Wesentlichen auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Mai 2013 (Az: 9 AZR 844/11). In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Arbeitnehmer ebenfalls auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs verzichtet, dies allerdings nicht im Rahmen eines Aufhebungsvertrages, sondern als er im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens einen gerichtlichen Vergleich schloss.

Entscheidend war, dass im dortigen Verfahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs verzichtet wurde. Das Bundesarbeitsgericht hatte in diesem Urteil erkannt, dass ein solcher Verzicht, da er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und daher nach entstehender Urlaubsabgeltung erklärt wurde, wirksam ist. Der Arbeitnehmer hatte ja schließlich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich die Möglichkeit, die Abgeltung des ihm zustehenden gesetzlichen Mindesturlaubs in Anspruch zu nehmen. Der Wirksamkeit eines solchen Verzichts – so die Richter – stehe daher weder § 13 Abs. 1 BurlG noch Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie entgegen.

Die Klägerin war der Auffassung, dass ihr Fall anders gelagert sei und dass dies aber nur für einen Verzicht gelten müsse, wenn dieser im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens geschlossenen Vergleich erklärt würde, nicht aber, wenn dieser in einem Aufhebungsvertrag vereinbart würde. Zudem war sie der Auffassung, dass sie, anders als in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Ausnahmefall, vor der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags nicht die Möglichkeit gehabt habe, den Urlaubsabgeltungsanspruch tatsächlich geltend zu machen.

Verzicht auf Urlaubsabgeltungsanspruch auch im Aufhebungsvertrag möglich

Die Richter am Landesarbeitsgericht Berlin teilten die Auffassung der Klägerin nicht. Sie waren vielmehr der Meinung, dass die Klägerin im Aufhebungsvertrag wirksam auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs verzichtet hatte. Dies mit folgender Begründung:

Soweit das Bundesarbeitsgericht in der vom Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidung (BAG vom 14.05.2013 – 9 AZR 844/11 – a.a.O.) erkannt hat, dass der Arbeitnehmer, wenn er nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich die Möglichkeit gehabt hat, die Abgeltung des ihm zustehenden gesetzlichen Mindesturlaubs in Anspruch zu nehmen, in der Ausgleichsklausel eines Vergleichs auf Urlaubsabgeltungsansprüche verzichten kann, so steht dies der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen, jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass ein Anspruchsverzicht dann, wenn die Urlaubsansprüche zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden sind und das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist oder sein bevorstehendes Ende verbindlich feststeht, unwirksam sein sollte (so auch LAG Köln vom 08.11.2012 – 7 Sa 767/12 – zitiert nach juris). Auch im Fall der vorangegangenen, vom Arbeitnehmer mit der Klage angegriffenen Kündigung kann er den Urlaubsabgeltungsanspruch nur hilfsweise für den Fall der Abweisung der Kündigungsschutzklage geltend machen, da dieser die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Im vorliegenden Fall haben die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich im Oktober 2014 mit Wirkung zum 30. September 2014 beendet, der Urlaubsabgeltungsanspruch ist zeitgleich mit dem Abschluss der Vereinbarung entstanden und war zu diesem Zeitpunkt – ebenso wie im Fall des Vergleichs im Kündigungsschutzverfahren – verzichtbar“ (Zitat: LAG Berlin Brandenburg, Urteil vom 19.Februar 2016. A: 8 Sa 1923/15).

Entscheidend war für die Richter, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis im Oktober 2014 mit Wirkung zum 30. September 2014 beendet haben. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Da im Aufhebungsvertrag geregelt wurde, dass das Arbeitsverhältnis quasi schon im September geendet hatte, war der Verzicht auf den Urlaubsabgeltungsanspruch zulässig. Die Richter waren der Auffassung, dass dieser Fall demjenigen, welcher der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht zugrunde lag, gleich gelagert war.

D. h., egal ob man in einem im Kündigungsschutzverfahren geschlossenen Vergleich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs verzichtet oder in einem Aufhebungsvertrag, der Verzicht ist dann wirksam. Entscheidend ist, dass das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Ist das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet, ist die Vereinbarung eines Verzichts auf die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs unwirksam. Daher ist beim Aushandeln von Vergleichen und Aufhebungsverträgen Vorsicht geboten.


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Rechtsanwältin Dr. Reichert-Hafemeister ist Fachanwältin für Arbeitsrecht. Sie berät und vertritt Sie gerne. Rufen Sie unter 030 679 665 434 in ihrem Büro in Berlin Lichterfelde-West (Bezirk Steglitz- Zehlendorf, nahe dem Schweizer Viertel) an, um einen Beratungstermin zu vereinbaren.