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Zeugniskorrektur – Anspruch auf Rückdatierung eines Arbeitszeugnisses?

Streiten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Inhalt eines Zeugnisses und korrigiert der Arbeitgeber es erst nach langem Ringen, so muss er es dennoch auf den Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d. h. das ursprüngliche Ausstellungsdatum zurückdatieren. Dies selbst dann, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Erhalt des korrigierten Zeugnisses Monate liegen.

Das gilt allerdings nur dann, wenn die verspätete Ausstellung des Beendigungszeugnisses nicht vom Arbeitnehmer, sondern vom Arbeitgeber zu vertreten ist. Das Bundesarbeitsgericht hat dies bereits am 9. September 1992 entschieden (BAG vom 9. September 1992, Az: 5 AZR 509/19).

Anders ist es jedoch, wenn es der Arbeitnehmer ist, der es zu vertreten hat („daran schuld ist“), dass das Arbeitszeugnis erst lange Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt wird, z. B. weil er es erst Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber verlangt. Diese ständige Rechtsprechung hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg im Urteil vom 2. März 2017 bestätigt (Az: 3Sa 21/16).

Anspruch auf Rückdatierung des Beendigungszeugnisses

Es ist für den Arbeitnehmer nachteilig, wenn das Zeugnis auf einen Zeitpunkt datiert ist, der lange nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt, denn für einen neuen Arbeitgeber liegt es anhand des Datums nahe, dass das Zeugnis erst nach einem längeren Rechtsstreit/einem Zeugniskorrekturanspruch, mit diesem Inhalt, erteilt wurde.

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits in den 90er Jahren entschieden, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Rückdatierung des Beendigungszeugnisses auf das ursprüngliche Ausstellungsdatum (das Ende des Arbeitsverhältnisses) hat, wenn er nichts dafür kann, dass das Zeugnis erst Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt wird. „Nichts dafür“ kann der Arbeitnehmer dann, wenn der Arbeitgeber das Zeugnis zwar rechtzeitig bei Fälligkeit (bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) jedoch mit einem Inhalt erteilt hat, welcher der Korrektur bedarf.

Begründet haben die Richter das mit den oben beschriebenen Nachteilen, die dem Arbeitnehmer insbesondere dann entstehen, wenn zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ausstellungsdatum des Zeugnisses eine erhebliche Zeitspanne (5 Monate) liegen. Wenn der Arbeitnehmer das Zeugnis rechtzeitig vom Arbeitgeber verlangt und Streit über die inhaltliche Korrektur des Zeugnisses entfacht, darf dies dem Arbeitnehmer nicht zum Nachteil gereichen.

Hieran ändert auch der Grundsatz, dass ein Zeugnis der sogenannten Zeugniswahrheit entsprechen muss, nichts: Ein Zeugnis muss zwar den Grundsätzen des Wohlwollens und der Wahrheit entsprechen. Dem widerspricht es nach Auffassung der Richter aber nicht, wenn ein Zeugnis nach einem (langen) Streit über den Inhalt des Zeugnisses auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückdatiert wird, denn der Inhalt des Zeugnisses entspricht dann ja dem  Wahrheitsgrundsatz.

Zwar ist eine Beurteilung im redlichen Geschäftsverkehr entsprechend dem Grundsatz der Zeugniswahrheit auf den Zeitpunkt zu datieren, an dem die Beurteilung auch getroffen wird. Wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber aber gar nicht erst um eine Korrektur des Arbeitszeugnisses hätte bitten müssen, hätte der Arbeitgeber das Zeugnis auf den Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses datieren müssen.

Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer also eine (langwierige) Zeugniskorrektur verlangen muss, kann ihm im Hinblick auf die Datierung des Zeugnisses nicht zum Nachteil gereichen. Insofern widerspricht es auch nicht der Zeugniswahrheit, wenn ein nach langem Ringen korrigiertes Zeugnis auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückdatiert wird.

Keine Rückdatierung, wenn Arbeitnehmer das Zeugnis sehr spät vom Arbeitgeber verlangt

Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer es zu vertreten hat, dass ihm das Arbeitszeugnis erst lange Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt wird. Dies etwa, weil er es erst nach einigen Monaten erstmalig vom Arbeitgeber verlangt. In einem solchen Falle ist der Arbeitgeber berechtigt, das Zeugnis nicht auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu datieren sondern auf den späteren Zeitpunkt der Ausstellung des Zeugnisses. Diese langjährige Rechtsprechung hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg erst kürzlich in einer Entscheidung vom 2. März 2017 bestätigt (Az 3Sa 21/16).


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