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„Coronabedingter Auftragsrückgang“ – betriebsbedingte Kündigung unwirksam

Viele Arbeitgeber müssen in Zeiten der Corona-Pandemie mit Umsatzschwankungen und Umsatzrückgängen kämpfen. Doch Vorsicht bei vorschnellen betriebsbedingten Kündigungen. Das Arbeitsgericht Berlin hat bereits ein paar Urteile zu sogenannten coronabedingten betriebsbedingten Kündigungen erlassen und diese Kündigung als unwirksam erachtet.

Die Arbeitgeber hatten sich nur pauschal auf pandemiebedingte Auftragsschwankungen / Auftragsrückgang berufen.

Eines der Urteile des Arbeitsgerichts Berlin datiert auf den 5. November 2020, Aktenzeichen 38 Ca 4569/20. Im dortigen Fall hatte der Arbeitgeber die betriebsbedingte Kündigung pauschal damit begründet, dass diese durch Umsatzrückgänge, welche durch die Corona-Pandemie hervorgerufen wurden, gerechtfertigt sei. Dies ließ das Arbeitsgericht Berlin nicht gelten und gab der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt.

Pauschaler Hinweis auf Umsatzrückgänge genügt nicht

Eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung ist gem. § 1 I,II des Kündigungsschutzgesetzes unter anderem dann sozial gerechtfertigt und daher wirksam, wenn der Beschäftigungsbedarf der Arbeitskraft des gekündigten Arbeitnehmers dauerhaft entfällt. Der Arbeitgeber muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv prognostizieren können, dass er den Arbeitnehmer (voraussichtlich) dauerhaft im Betrieb nicht weiterbeschäftigen kann.

Wird der mangelnde Beschäftigungsbedarf vom Arbeitgeber mit Auftragsschwankungen oder -rückgängen begründet, so darf es sich nicht lediglich um kurzfristige Auftragsschwankungen/Auftragsmangel handeln. Entscheidend ist vielmehr, dass der Arbeitgeber darlegen und beweisen kann, dass infolge des Auftragsrückgangs dauerhaft keine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers möglich ist.

Der pauschale Hinweis auf Auftragsschwankungen und -rückgänge genügt somit nicht. Die Regeln zur Darlegungs- und Beweislast einer betriebsbedingten Kündigung gelten somit auch in Zeiten der Corona-Pandemie weiter.

Betriebsbedingte Kündigung trotz Kurzarbeit

Wenn bereits in Kurzarbeit gearbeitet wird gilt folgendes: Kurzarbeit schließt eine ordentliche betriebsbedingte zwar nicht per se aus. Kurzarbeit dient jedoch dem Erhalt des Arbeitsplatzes. Der Arbeitgeber bringt mit dem Einführen von Kurzarbeit zunächst zum Ausdruck, dass er einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs des Arbeitnehmers gerade nicht prognostiziert.

Will der Arbeitgeber daher trotz Kurzarbeit betriebsbedingt ordentlich kündigen, muss er diese getroffene Prognose entkräften.

Laut Bundesarbeitsgericht muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass über die Umstände hinaus, wegen derer er Kurzarbeit eingeführt hat, weitergehende inner- oder außerbetriebliche Gründe aufgetreten sind, die zu einem dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers führen. Dies können/müssen betriebsbedingte Gründe sein, die der Arbeitgeber bei Einführung der Kurzarbeit noch nicht kannte.

Fazit:

Die Corona-Pandemie trifft manche Arbeitgeber doppelt hart. Auftragsschwankungen oder Auftragsrückgänge rechtfertigen nicht per se eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung. Arbeitgebern ist zu empfehlen, sich vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung anwaltlich beraten zu lassen, insbesondere, wenn mit dem Arbeitnehmer keine Einigung via Aufhebungsvertrag möglich ist.


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