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Freistellung von Arbeitspflicht erfüllt Anspruch auf Freizeitausgleich nur bei ausdrücklicher Regelung

Geht es um die Abwicklung der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sei es durch Abwicklungsvertrag, Aufhebungsvertrag oder gerichtlichen Vergleich im Kündigungsschutzverfahren, regeln die Parteien oftmals, dass der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt wird. Dies mit der Maßgabe, dass während der Freistellung jedweder Resturlaub und jedwede Ansprüche aus Zeitguthaben (Plusstunden, Gutstunden, Überstunden) „abgebummelt“ werden.

Freistellung ohne Regelung hinsichtlich des Arbeitszeitguthabens

Das Bundesarbeitsgericht hatte am 28. November 2019 (Az: 8 AZR 125/18, Pressemitteilung Nr.40/19) in diesem Zusammenhang über einen Fall zu entscheiden, in dem während der Freistellung hinsichtlich des Arbeitszeitguthabens keine Regelung getroffen wurde. Die Parteien hatten sich im Kündigungsschutzverfahren per gerichtlichem Vergleich darauf geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2017 enden werde. Weiter vereinbarten sie, dass die Arbeitnehmerin bis dahin unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt wird. Dies unter Fortzahlung der bisherigen Vergütung sowie unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche.

Eine Regelung darüber, was mit den Ansprüchen aus Zeitguthaben (Plusstunden) erfolgen soll, wurde hingegen nicht getroffen.

Das Arbeitszeitkonto der Arbeitnehmerin wies ca. 68 Plusstunden auf. Diese wollte sie dem Arbeitgeber nicht schenken. Sie machte daraufhin die Auszahlung dieser Plusstunden, mithin ca. 1.300,00 € brutto geltend.

Genaue Regelung hinsichtlich des Arbeitszeitguthabens während der Freistellung erforderlich

Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage der Arbeitnehmerin statt und sprach ihr die Auszahlung der Plusstunden, d. h. die 1.300,00 € brutto zu. Bereits die erste Instanz, d. h. das Arbeitsgericht Münster, hatte der Klage stattgegeben. Dies mit der Begründung, dass mit dem gerichtlichen Vergleich hinsichtlich der Verpflichtung der Arbeitnehmerin, ihre Arbeitsleistung zu erbringen, ein sogenannter Erlassvertrag vereinbart worden sei. Die Auslegung dieses Erlassvertrages lasse nicht erkennen, dass das Arbeitszeitguthaben durch die Freistellung getilgt werden solle.

So sahen es auch die Richter am Bundesarbeitsgericht. Sie folgten der Rechtsauffassung der ersten Instanz. Ihre Begründung lautetet: die Vereinbarung über die Freistellung des Arbeitnehmers von den Arbeitspflichten in einem gerichtlichen Vergleich sei nur dann geeignet, den Anspruch auf Freizeitausgleich zum Abbau von Plusstunden auf dem Arbeitszeitkonto zu erfüllen, wenn der Arbeitnehmer erkennen könne, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich von der Arbeitspflicht freistellen will.

Eine derartige Regelung sei im gerichtlichen Vergleich jedoch nicht getroffen worden, dies weder ausdrücklich noch konkludent. Anders ausgedrückt: ist im Hinblick auf die Freistellung hinsichtlich der Plusstunden nichts geregelt muss der Arbeitgeber die Plusstunden trotz Freistellung auszahlen.

Fazit:

Bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches müssen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber aufpassen. Insbesondere wenn das Arbeitszeitkonto ein Guthaben aufweist sollten Arbeitgeber darauf achten, dass im gerichtlichen Vergleich eine konkrete Regelung getroffen wird, welche Handhabe damit während der Freistellung erfolgen soll (Auszahlung des Arbeitszeitguthabens oder Abbummeln der Plusstunden während der Freistellung). Anderenfalls kann es zu einem späteren Zeitpunkt für den Arbeitgeber zu bösen Überraschungen kommen und teuer werden.


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