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Fristlose Kündigung einer Geschäftsführerin wegen intriganten Verhaltens

Das Vertragsverhältnis mit Geschäftsführern ist durch ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt. Illoyales bzw. intrigantes Verhalten einer Geschäftsführerin stellt daher grundsätzlich einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB dar, der eine fristlose, außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann.

„Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Durch ein solch illoyales Verhalten wird die für eine weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis zerstört und der Betriebsfriede erheblich gestört“ (Zitat: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nummer 24/17 zu Az: BAG Urteil vom 1. Juni 2017, 6 AZR 720/15).

Der Ausgangsfall: Illoyales Verhalten der Geschäftsführerin

Die Richter hatten über die außerordentliche, fristlose Kündigung einer Geschäftsführerin zu entscheiden. Interessant war zunächst, dass dieser Fall vor den Arbeitsgerichten, d. h. zuletzt auch dem Bundesarbeitsgericht verhandelt wurde. Arbeitsgerichte sind (u. a.) ausschließlich sachlich zuständig für Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis. Geschäftsführer sind grundsätzlich keine Arbeitnehmer, so dass Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer Kündigung zumeist in den sachlichen Zuständigkeitsbereich der Landgerichte fällt.

Die Besonderheit war jedoch, dass die Klägerin bei dem beklagten Verein im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als Geschäftsführerin tätig war, mit der Folge, dass die Angelegenheit in die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fiel.

Die klagende Geschäftsführerin hatte Differenzen mit dem sogenannten Präsidium des Vereins. Dies bewog sie dazu, die Vereinsmitglieder dazu aufzurufen, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, deren Ziel die Abwahl der Vereinsspitze war. Dies wiederum bewog den als Präsidium bezeichneten Vorstand des Vereins dazu, die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Klägerin zu beschließen.

Hiergegen erhob die Klägerin eine Kündigungsschutzklage. Sie machte materielle Unwirksamkeitsgründe geltend, so zum Beispiel das Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes, welcher die fristlose Kündigung der Klägerin rechtfertigen sollte. Zudem berief sie sich auf formale Mängel der Kündigung. Ihrer Auffassung nach war das Präsidium wegen des vorherigen Rücktritts eines Mitglieds nicht vollständig besetzt, mit der Folge, dass der Präsidiumsbeschluss über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Geschäftsführerin unwirksam sei.

Ihre Kündigungsschutzklage wurde vom sächsischen Landesarbeitsgericht abgewiesen. Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Klägerin teilweise Erfolg, denn immerhin verwiesen die Richter den Rechtsstreit wieder zurück an das Landesarbeitsgericht.

Die Entscheidungsgründe der Richter: Fristlose Kündigung durch einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt

Die Richter waren zunächst der Auffassung, dass die Kündigung formal wirksam sei. Auch nach einem vorherigen Rücktritt eines Vizepräsidenten sei ein wirksamer Beschluss des Präsidiums über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zustande gekommen. Die Richter waren zudem der Auffassung, dass das illoyale Verhalten der Klägerin einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses darstelle.

Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB

Zweifel hatten die Richter jedoch daran, ob die fristlose Kündigung innerhalb der gemäß § 626 Abs. 2 BGB geltenden Zweiwochenfrist ausgesprochen wurde. Hiernach ist eine fristlose Kündigung nur dann wirksam, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der maßgebenden Tatsachen erklärt wird. Es handelt sich um eine sogenannte Ausschlussfrist.

Ob dies der Fall war und ob der Klägerin in Bezug auf den kündigungsrelevanten Sachverhalt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde (Anhörung), was die Zweiwochenfrist gehemmt hätte, war zwischen den Parteien streitig geblieben. Und genau mit diesem streitigen Sachverhalt, das heißt ob die zwei-wöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gehemmt und damit gewahrt wurde oder nicht, wird sich das Sächsische Landesarbeitsgericht nochmals befassen müssen.

Fazit: Geringe Unzumutbarkeitsschwelle einer fristlosen Kündigung bei Illoyalität des Geschäftsführers

Das Vertragsverhältnis mit Geschäftsführern ist durch ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt. Die Schwelle dafür, dass ein wichtiger Grund eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, ist daher niedrig. Dies gilt insbesondere bei Illoyalität des Geschäftsführers bzw. allen Belangen, die dieses Vertrauensverhältnis beinträchtigen. Die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist ist daher meist für den Arbeitgeber unzumutbar, zumal mit Geschäftsführern üblicherweise relativ lange ordentliche Kündigungsfristen vereinbart werden.


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Pressemitteilung Nummer 24/17 Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. Juni 2017 Az. 6 AZR 720/17 Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Juli 2015, Az 9 Sa 15/15