Grobe Beleidigung des Chefs als „soziales Arschloch“ rechtfertigt fristlose Kündigung
Ein langjähriger Mitarbeiter eines Familienunternehmens bezeichnete seine Chefs als „soziale Arschlöcher“. Die Folge war eine außerordentliche, fristlose Kündigung. Der Arbeitnehmer erhob hiergegen eine Kündigungsschutzklage. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein gab jedoch dem Arbeitgeber recht. Die fristlose Kündigung war wirksam.
Grobe Beleidigung rechtfertigt fristlose Kündigung
Der 62 Jahre alte Arbeitnehmer war über 20 Jahre beim Arbeitgeber, einem kleinen, familiengeführten Gas- und Wasserinstallateurbetrieb, tätig. Eine fachliche Frage an den Seniorchef, welche dieser aus Sicht des Arbeitnehmers sarkastisch beantwortete und welche der Arbeitnehmer daher als Provokation ansah, war am Folgetag Auslöser einer weiteren verbalen Schlacht mit dem Juniorchef, die dieser als Kinderkram bezeichnete.
Letztlich ging es darum, dass der Arbeitnehmer im Verlauf des Wortgefechtes zu seinem Chef sagte: „Dann kündigt mich doch.“ Darauf erwiderte der Geschäftsführer/Chef: „Damit wir als soziale Arschlöcher dastehen?“ Die darauffolgende Antwort des Arbeitnehmers kostete ihn den Job. Sie lautete: „Das seid ihr ja eh schon.“.
Der Geschäftsführer stellte den Arbeitnehmer zunächst von der Erbringung der Arbeitsleistung für drei Tage frei, dies in der Hoffnung, der Arbeitnehmer würde sich entschuldigen. Nachdem keine Entschuldigung kam, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich, fristlos.
Kündigungsschutzklage gegen fristlose Kündigung erfolglos
Die Richter wiesen die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab. Der Auffassung des Arbeitnehmers, die Äußerungen seien durch seine Meinungsfreiheit (Art. 5 des Grundgesetzes) gedeckt gewesen, er sei provoziert worden und zudem sei das langjährige Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen, folgten sie nicht.
Vielmehr waren die Richter der Auffassung, dass das Verhalten des Arbeitnehmers einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 BGB darstelle. Grundsätzlich habe ein Arbeitnehmer zwar ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Anders sei das aber, wenn ein Arbeitnehmer seinen Chef grob beleidige. Eine grobe Beleidigung sei nicht von dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Eine grobe Beleidigung sei ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung. Entscheidend sind immer die Einzelfallumstände. Diese werteten die Richter jedoch zulasten des Arbeitnehmers.
Zwischen den Gesprächen/der angeblichen Provokation des Seniorchefs und dem Gespräch mit dem Juniorchef lagen circa 16 Stunden. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer etwaig vom Seniorchef provoziert worden sei, könne daher nicht entschuldigend berücksichtigt werden. Der Umgangston des Arbeitnehmers gegenüber den Chefs sei absolut unangemessen und daher nicht mehr von seiner Meinungsfreiheit gedeckt gewesen.
Dem Arbeitgeber sei es angesichts der Tatsache, dass es sich um einen kleinen bzw. Familienbetrieb handele und der Kläger eine siebenmonatige Kündigungsfrist habe, nicht zumutbar, ihn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
Keine vorherige Abmahnung vor Kündigungsausspruch notwendig
Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung abgemahnt werden. In Ausnahmefällen ist eine solche Abmahnung entbehrlich. So war es auch im Fall des Arbeitnehmers, denn für ihn kam erschwerend hinzu, dass er sich nicht entschuldigte. Dies werteten die Richter als mangelnde Einsichtsfähigkeit des Arbeitnehmers und führe laut Richter dazu, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich war, denn es sei nicht zu erwarten gewesen, dass der Arbeitnehmer in Folge der Abmahnung sein Verhalten zukünftig bessere.
Auch die Interessenabwägung, die bei jeder fristlosen Kündigung vorzunehmen ist, fiel trotz langer Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers zu Gunsten des Arbeitgebers aus. Auch hier wurde es zulasten des Arbeitnehmers gewertet, dass er sich nicht entschuldigt hatte. Zukünftige Pflichtverletzungen und auch ein zukünftiges Unterlassen der gebotenen Wertschätzung gegenüber den Chefs war somit zu erwarten.
Zugunsten des Arbeitgebers werteten die Richter die Tatsache, dass es sich um einen kleinen Betrieb handelte und es daher unzumutbar sei, die lange, siebenmonatige Kündigungsfrist einzuhalten; schließlich sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien auch nachhaltig zerstört worden.
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LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 24. Januar 2017, AZ 3 Sa 244/16