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Beiderseitiger Forderungsverzicht im Aufhebungsvertrag wirksam?

Ein beiderseitiger Forderungsverzicht in einem Aufhebungsvertrag ist wirksam, wenn der Arbeitgeber die Situation des Arbeitnehmers nicht treuwidrig zur Durchsetzung eigener Interessen ausgenutzt hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht am 24. Februar 2016 entschieden (vgl. BAG vom 24. Februar 2016, Az: 5 AZR 258/14). Die Klausel, über dessen Wirksamkeit das Bundesarbeitsgericht in der hier zitierten Entscheidung vom 24. Februar 2016 zu entscheiden hatte lautete wie folgt: „Beide Parteien verzichten auf darüber hinausgehende Ansprüche“.

Aber Vorsicht: Eine Klausel in einem Aufhebungsvertrag, die einen beiderseitigen Forderungsverzicht regelt, ist nicht per se wirksam. Entscheidend sind immer die Einzelfallumstände. Entscheidend war daher im vorliegenden Fall, dass dem Arbeitnehmer die Tragweite des Verzichts auf seine Ansprüche bekannt war, weil er diese vor Abschluss des Aufhebungsvertrages beim Arbeitgeber angemeldet hatte. Deshalb war der beiderseitige Forderungsverzicht wirksam.

Der Ausgangsfall

Der Arbeitnehmer war bei einer Leiharbeitsfirma tätig. Bevor die Parteien – auf Wunsch des Arbeitnehmers – den Aufhebungsvertrag vereinbart und damit einhergehend das Arbeitsverhältnis beendet haben, haben sie sich über Differenzvergütung gestritten, das heißt so genannte Equal-Pay-Ansprüche. Der Arbeitnehmer hatte diese gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht.

Im Aufhebungsvertrag haben die Parteien dann vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich vor Ablauf der Kündigungsfrist endet und der Arbeitnehmer bis dahin seinen Lohn erhält. Ferner wurden Regelungen hinsichtlich des Urlaubs und der Rückgabe von Firmeneigentum getroffen. Entscheidend jedoch war, dass die Parteien vereinbart haben, dass beide Parteien auf darüber hinausgehende Forderungen verzichten und damit einhergehend auch die bereits geltend gemachten Equal-Pay-Ansprüche.

Nach Abschluss des Aufhebungsvertrages überlegte es sich der Arbeitnehmer offensichtlich anders und meinte, doch noch Differenzlohnansprüche, d. h. die Equal-Pay-Ansprüche, die er bereits vor Abschluss des Aufhebungsvertrages gegenüber dem Arbeitgeber erhoben hatte, geltend machen zu können. Er erhob eine Klage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht. Dieses wies die Klage zurück, genauso wie das Landesarbeitsgericht. Auch das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass dem Arbeitnehmer keine Zahlungsansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG zustünden. Die Klausel im Aufhebungsvertrag, mit welcher ein beiderseitiger Forderungsverzicht vereinbart worden war, hielt der sogenannten AGB-Inhaltskontrolle stand.

Verzichtsklausel weder überraschend und unklar noch eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass der beiderseitige Forderungsverzicht, den die Parteien im Aufhebungsvertrag vereinbart hatten, unwirksam sei. Diese Auffassung teilte das Bundesarbeitsgericht nicht: Die Verzichtsklausel stelle zwar Allgemeine Geschäftsbedingungen (sog. AGBs) dar. Daher sei deren Wirksamkeit auch anhand der §§ 305c Abs. 2 BGB, 306,307 bis 309 BGB zu beurteilen. D. h. die Verzichtsklausel war dahingehend zu überprüfen, ob sie überraschend und unklar (intransparent) ist und/oder den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

Wenn ein Aufhebungsvertrag nämlich eine Klausel enthält, die überraschend und unklar ist und/oder den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt, so ist sie unwirksam. Die Folge wäre gewesen, dass der Arbeitnehmer seine so genannten Equal-Pay-Ansprüche noch durchsetzen kann.

Die Richter waren im vorliegenden Falle jedoch der Auffassung, dass die Verzichtsklausel wirksam war. Daher konnte der Arbeitnehmer seine Equal-Pay-Ansprüche nicht durchsetzen. Denn auf diese hatte er aufgrund der im Aufhebungsvertrag wirksam vereinbarten Verzichtsklausel verzichtet. Nach Auffassung der Richter regelte die Verzichtsklausel klar und eindeutig, dass beide Parteien auf alle Forderungen verzichten, die über dasjenige hinausgehen, was im Aufhebungsvertrag geregelt war. Die Klausel sei angesichts der klaren Regelung daher nicht intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Zudem benachteilige die Klausel, so die Richter, den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen. Entscheidend war, dass der Arbeitgeber im vorliegenden Falle seine Interessen nicht missbräuchlich auf Kosten des Arbeitnehmers durchgesetzt hatte indem er die Verzichtsklausel vereinbarte.

Ein solches „missbräuchliches Durchsetzen“ hätte zwar zur Unwirksamkeit der Verzichtsklausel führen können.

  • Es liegt aber zum einen nur dann vor, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangt, dass nur der Arbeitnehmer auf weitergehende Forderungen verzichtet, während der Arbeitgeber noch Forderungen durchsetzen darf (sogenannter einseitiger Verzicht).
  • Er liegt zum anderen dann vor, wenn es sich um einen Scheinverzicht handelt oder sich aus der konkreten Situation ein verwerflicher Charakter der Benachteiligung ergibt.

Im vorliegenden Falle war entscheidend, dass der Arbeitnehmer bereits vor Abschluss des Aufhebungsvertrages die Equal-Pay-Ansprüche beim Arbeitnehmer angemeldet hatte. Er musste daher damit rechnen, dass der Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag nutzt, um derartige Ansprüche zu erledigen. Das heißt, die Richter waren der Auffassung, dass aufgrund der Einzelfallumstände und aufgrund der Tatsache, dass dem Arbeitnehmer die Tragweite des Verzichts auf die Ansprüche bekannt war, weil er sie zuvor beim Arbeitgeber angemeldet hatte, die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Verzichtsklausel wirksam war.

Daher wiesen sie die mit der Klage geltend gemachten Forderungen zurück.

Vor- und Nachteile des Aufhebungsvertrages

Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber einig sind, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll, ist ein Aufhebungsvertrag eine gute Möglichkeit, sich ohne Streit und Kündigungsschutzklage zu einigen und das Arbeitsverhältnis gütlich zu beenden, denn in einem Aufhebungsvertrag kann man die Konditionen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wunderbar regeln. Das heißt, man kann z. B. Regelungen

  • zur Abfindungszahlung,
  • zur Freistellung,
  • zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist (Sprinterklausel),
  • zum Urlaub/zur Urlaubsabgeltung,
  • zum Arbeitszeugnis sowie
  • zum Forderungsverzicht regeln.

Allerdings ist es wichtig, dass die Regelungen im Aufhebungsvertrag so getroffen werden, dass keine sozialversicherungsrechtlichen Nachteile wie zum Beispiel eine Sperre auf den Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes drohen oder etwa Regelungen wie der beiderseitige Forderungsverzicht unwirksam sind.


Sie sind Arbeitgeber und möchten einem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag anbieten? Sie sind Arbeitnehmer und wünschen die Überprüfung eines Aufhebungsvertrages? Rechtsanwältin Dr. Reichert-Hafemeister ist Fachanwältin für Arbeitsrecht. Sie berät Sie gerne in ihrem Büro in Berlin Lichterfelde (nahe dem sog. Schweizer Viertel).

Rufen Sie gerne unter 030 679 665 434 an um einen Beratungstermin zu vereinbaren.

BAG vom 24. Februar 2016, Az: 5 AZR 258/14